Unterschied zwischen ESG, VSG und TVG. Eine detaillierte Betrachtung.

Glas ist aus der modernen Architektur und Bauweise nicht wegzudenken. Es bietet nicht nur funktionale Vorteile, sondern trägt auch stilvoll zur Gestaltung von Gebäuden bei. In diesem Blogeintrag möchten wir einen umfassenden Überblick über verschiedene Glasarten wie Floatglas, ESG, TVG und VSG geben, ihre spezifischen Eigenschaften und Einsatzgebiete genauer betrachten und vergleichen.

Floatglas – Das Basisglas für viele Anwendungen

Floatglas gilt als das am meisten verwendete Bauglas. Der Begriff „Float“ (engl. to float – schwimmen) bezieht sich auf das Herstellungsverfahren, das 1959 von Pilkington entwickelt wurde. Dabei wird das Glas bei einer Temperatur von über 1000 °C auf einem flüssigen Zinnbad „geschwommen“. Dieses Verfahren ermöglicht die Produktion von äußerst glattem und klarem Glas, das vielseitig weiterverarbeitet werden kann. Floatglas dient als Basis für Spiegel, Isoliergläser, Verbundgläser sowie für spezielle Sicherheitsgläser wie ESG, VSG und TVG.

Einscheibensicherheitsglas (ESG)

Einscheibensicherheitsglas, kurz ESG, ist eine spezielle Art von Sicherheitsglas, das aus Floatglas hergestellt wird. Hierbei wird das Glas bei einer Temperatur von über 500 °C thermisch vorgespannt – ein Prozess, der fälschlicherweise oft als „Härteprozess“ bezeichnet wird. Durch diese thermische Vorspannung erhält ESG eine erhöhte Biegezugfestigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit.

Ein besonderer Vorteil von ESG ist das Bruchverhalten. Beim Bruch zerfällt das Glas in viele kleine, stumpfe Bruchstücke, die das Verletzungsrisiko erheblich reduzieren. Diese Eigenschaften machen ESG besonders geeignet für Anwendungen, bei denen hohe mechanische Belastungen und Temperaturwechsel auftreten können, wie beispielsweise bei Windschutzverglasungen, Küchenrückwänden, Glastüren oder Glasduschen.

Vorgespanntes Glas wie ESG darf und kann nachträglich nicht mehr bearbeitet werden. Schneiden, Schleifen oder Bohren müssen vor dem Vorspannprozess durchgeführt werden.

Verbundsicherheitsglas (VSG)

Verbundsicherheitsglas, kurz VSG, besteht aus mindestens zwei Glasscheiben, die durch eine oder mehrere Kunststoff-Zwischenschichten unter Druck und Hitze miteinander laminiert werden. Die Zwischenschichten, meist aus einer zähelastischen, hochreisfesten Polyvinylbutyral- Folie (PVB), verleihen dem Glas eine hohe Resttragfähigkeit und verhindern das Abplatzen von größeren Glasscherben. VSG bietet somit eine hohe Sicherheit, da es bei Bruch zusammenhält und keine scharfkantigen Scherben freisetzt, es entsteht das typische spinnennetzartige Bruchmuster. Im Falle eines Glasbruchs bleiben die Bruchstücke an der Folie haften, was die Gefahr von Schnitt- oder Stichverletzungen bei Scheibenbruch verringert und eine Resttragfähigkeit der VSG-Einheit nach dem Bruch ermöglicht. 

Die Herstellung von VSG erfolgt in einem Autoklav, in dem die Glasscheiben und die Zwischenschicht unter hohem Druck und bei erhöhter Temperatur verbunden werden. Die Kunststoff-Zwischenschicht kann je nach Anforderung in unterschiedlichen Dicken und auch als klare oder matte Folie ausgeführt werden. VSG wird häufig in Bereichen eingesetzt, wo erhöhte Sicherheitsanforderungen bestehen, wie beispielsweise bei Überkopfverglasungen, Geländern, Brüstungen oder Trennwänden und besitzt eine höhere Schallschutzwirkung.

Teilvorgespanntes Glas (TVG)

Teilvorgespanntes Glas, kurz TVG, wird ähnlich wie ESG durch thermische Vorspannung hergestellt, jedoch mit geringerer Vorspannung. Dies führt dazu, dass TVG zwar verbesserte mechanische Eigenschaften im Vergleich zu unbehandeltem Floatglas bietet, aber nicht die gleichen Festigkeitswerte wie ESG erreicht.

Ein besonderes Merkmal von TVG ist sein Bruchverhalten: Beim Bruch entstehen größere Bruchstücke im Vergleich zu ESG, die sich jedoch in Kombination mit Verbundsicherheitsglas (VSG) verzahnen und somit eine gewisse Resttragfähigkeit gewährleisten. Diese Eigenschaft macht TVG ideal für Anwendungen, bei denen zusätzliche Sicherheitsanforderungen bestehen, aber keine scharfkantigen Bruchstücke entstehen sollen, wie beispielsweise bei Überkopfverglasungen und Glasgeländer.

Vergleich von ESG, VSG und TVG:


Herstellung

• ESG: Eine Glasscheibe wird thermisch vorgespannt.
• VSG: Zwei oder mehr Glasscheiben werden durch eine oder mehrere Kunststoff-Zwischenschichten laminiert.
• TVG: Eine Glasscheibe wird thermisch vorgespannt, aber mit geringerer Vorspannung als ESG.

Bruchverhalten

• ESG: Zerfällt bei Bruch in viele kleine, stumpfe Bruchstücke.
• VSG: Bleibt bei Bruch zusammen, da die Kunststoff-Zwischenschicht die Glasscherben zusammenhält, spinnennetzartiges Bruchmuster.
• TVG: Zerbricht in größere Bruchstücke als ESG, die sich in Kombination mit VSG verzahnen.

Sicherheitsaspekte

• ESG: Reduziert das Verletzungsrisiko durch stumpfe Bruchstücke. Erhöhte Stoß- Schlag- und Biegefestigkeit mit einer hohen Temperaturwechselbeständigkeit.
• VSG: Verhindert das Herausfallen von Glasstücken und bietet zusätzliche Sicherheit durch die Verbundwirkung.
• TVG: Bietet in Kombination mit VSG eine Resttragfähigkeit durch die Verzahnung der Bruchstücke und ein sicheres Bruchverhalten.

Anwendungsgebiete

• ESG: Geeignet für Bereiche mit hohen mechanischen Belastungen und Temperaturwechsel, wie Ganzglasanlagen, Glasduschen, Küchenrückwände, Vitrinen und Schiebeverglasungen.
• VSG: Wird bevorzugt in sicherheitsrelevanten Bereichen eingesetzt, wie absturzsichernde Verglasungen, Überkopfverglasungen, begehbaren Verglasungen oder Trennwänden und hat eine schalldämmende Wirkung.
• TVG: Ideal für Anwendungen in Kombination mit VSG wie Vordächer und Überkopfverglasungen, Geländer, Brüstungen und punktgehaltenen Verglasungen.

Michael Geiger
m.geiger@glasbau-geiger.at